학술논문

Moscheeküchen. Materielle Kultur und soziale Praxis
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Moscheen in Bewegung: Interdisziplinäre Perspektiven auf muslimische Kultstätten der Migration. 37:147-174
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Abstract
Als Teil alltäglicher Praxis gehören Küchen und Speisemöglichkeiten elementar zur Ausstattung von Moscheeräumlichkeiten in Deutschland. Im Beitrag wird der Frage nachgegangen, welche sozialen Dynamiken sich um diese baulichen Bestände entfalten. Dies erfolgt anhand exemplarischer Einblicke nebst Seitenblick in die Niederlande. Es geht um die Entwicklung, Professionalisierung und Ausdifferenzierung von Küchen als Element der Institutionalisierung des Islam in Nordeuropa.¹ Den Hintergrund bilden Beobachtungen des Architekturhistorikers Jay M. Price in den USA zur Gestaltung von Sakralbauten seit dem Zweiten Weltkrieg. Auch hier lässt sich aus ersten baulich improvisierten Anfängen immigrierter Religionsgruppen über ein paar Jahrzehnte eine fortschreitende institutionelle und architektonische Etablierung beobachten. Mit Blick auf die verschiedenen Gebäudeteile kommen neben den ansonsten standardmäßig fokussierten Gebetsräumen nun die Gemeinschaftsbereiche in den Blick, wo neben Unterrichtsräumen auch Sozialräume mit Koch- und Essbereichen entstehen. Damit wird bei der Frage nach dortigen sozialen Handlungen auch eine Genderperspektive relevant. Eine nähere Betrachtung islamischer Gemeinden in Deutschland wird - bezogen auf die Aktivitäten von Frauen und Männern in den Gemeinschaftsräumen von Moscheen - keineswegs stereotype Ergebnisse ergeben. Die Theorieperspektive folgt der Forschungsrichtung der Materialen Religion, deren Zugänge eingangs erläutert werden, um menschliche Akteure und Akteurinnen in Interdependenz mit materiellen Gegenständen zu erfassen, seien es in unseren Fällen Teeküchen, zusammenmontierte Kellerküchen oder eingebaute professionellen Restaurantküchen nebst deren Gerätschaften. Dies eröffnet Einblicke sowohl in religiöse Praxis, etwa bei großen islamischen Festen wie dem Fastenbrechen, als auch in das Alltagsleben in Moscheen. Das Geschehen lässt sogar Rückschlüsse auf anthropologische Konstruktionen des menschlichen Körpers zu. Im Gegensatz zu christlichen Gemeindehäusern stellt sich heraus, dass Kochen und Essen in islamischen Gesellschaften eine positive Rolle spielen, die sich auch architektonisch niederschlägt. Bei alledem zeigen sich Moscheen und ihre Küchen angesichts sozialer Dynamiken von Migration, aber auch generationsspezifisch, als Orte multiethnischer und kulturell vielfältiger Aushandlungsprozesse unterschiedlicher Koch- und Speisekulturen.

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